Wer glaubt, Jäger jagen nach Belieben und tragen zum Aussterben von Wildtieren bei, der irrt. Das Gegenteil ist der Fall: Durch Weidgerechtigkeit und die genaue Festlegung einzelner Richtlinien wurde der Fortbestand vieler Wildtierarten erst gesichert. Jägerinnen und Jäger sind wichtige Naturschützer. Lesen Sie in diesem Artikel einen kurzen historischen Abriss über die Entwicklung von Jagdrecht und Weidgerechtigkeit und was darunter zu verstehen ist.

JAGDRECHT
und WEIDGERECHTIGKEIT

Jäger schützen Artenvielfalt

Die Entwicklungsgeschichte von unserem heutigen Jagdrecht lässt sich in 7 Schritten aufzeigen:


1) Jagen zum Überleben

Von Beginn an bis zu den Anfängen des Mittelalters im letzten Jahrtausends lebten die Menschen im absoluten Einklang mit der Natur. Jeder hatte freie Jagdmöglichkeiten. Gejagt wurde um zu überleben, und die Tiere wurden damals komplett verwertet, selbst Felle und Knochen dienten früher den Menschen.

2) Jagd als Statussymbol

Mit der Sesshaftwerdung und den damit verbundenen Erwerb von Grundeigentum änderte sich die Lage rasch. In dieser Zeit haben der Adel und die Kirchen enormen Einfluss und Besitz gehäuft. Die Jagdrechte für die Landbevölkerung und einfache Bürger wurden mehr und mehr eingeschränkt. Gleichzeitig wurde die Jagd zunehmend zum Statussymbol.

3) Jagd als Adelsprivileg

Bei den vom Adel durchgeführten Treibjagten wurden keine Rücksicht auf die Felder der Bauern genommen, was zu enormen ökonomischen Schäden der Landbevölkerung führte. Zudem gab es keinerlei Planung zur Regulierung der Wildbestände. Die Folge waren teils massive ökologische Schäden.

Gejagt wurde was und so viel gewollt wurde: oft sogar ziellos, nur um zu zeigen was man hat und kann. Die Jagdaufseher von damals hatten lediglich die Aufgabe, das Wild ihrer Herren zu schützen. Niemand sonst – außer dem Hof – durfte und sollte es jagen. Niemand sonst sollte das Fleisch essen.

4) Jagd als Zugeständnis

Um die Bevölkerung – vor allem die Landbevölkerung – zu beruhigen, wurden zweitweise Jagderlaubnisse zugestanden, aber auch wieder weggenommen. In der Regel bestanden diese Privilegien für den Nichtadel jedoch nur auf klar definierte Wildtiere – wie zum Beispiel kleine Vögel, Hase, Fasan oder auch das Reh.

Aus dieser Zeit stammt auch die Einteilung in Hoch- und Niederwild. Das dem Hochadel vorbehaltene Hochwild umfasste u.a. Rotwild, Schwarzwild und Gamswild. Selbst dem niederen Klerus blieb oft nur die Jagd auf Niederwild.

5) Ende des feudalen Jagdrechts

Mit dem Revolutionsjahr 1848 änderte sich das Jagdrecht fundamental. Nach dem als „Hungerwinter“ in die Geschichte eingegangenen Winter 1847/48 stand vor allem das Jagdverbot für die einfache Bevölkerung besonders im Fokus.

Die hochherrschaftlichen Vorrechte waren aufgehoben. Wer aber glaubt, dass nun ökologischer vorgegangen wurde, der irrt wieder. Denn nun jagten die Bauern alle Tiere, die ihre Äcker verwüsteten. Somit nahm der Wildbestand noch weiter ab.

6) Jagdpatent und Jagdreviere

Um Ordnung und Klarheit zu schaffen erließ der junge Kaiser Franz Josef I im März 1849 ein Jagdpatent – das sogenannte „Österreichische Reichjagdgesetz“. Die unerlaubte Jagd auf fremdem Grund und Boden war damit verboten.

Im Gegenzug waren Eigenjagd bzw. Gemeinde- und Genossenschaftsjagd erlaubt. Das wichtigste Ziel war, den Wildbestand zu schützen. Daher wurde unter anderem eine Mindestgröße für Jagdreviere eingeführt:

Ein Jagdrevier musste zumindest 200 Joch (115 ha) groß sein. Eine Größenordnung die bis heute gilt. Mit Ausnahme von Burgenland und Tirol – hier gilt eine 300 ha große Fläche.

7) Erste Regelung zum Schutz der Artenvielfalt

Jagdrecht und Weidgerechtigkeit: Eine detaillierte Festlegung von Regeln war den einzelnen Ländern überlassen. Das ist bis heute unverändert. Aktuell haben wir neun Landesjagdgesetze, die einander weitgehend ähneln.

Zudem wurden bereits damals Schonzeiten festgelegt und auch die Jagd mit Schlingen geregelt. Damit gab es erstmals auch ein verbindliches Regelwerk, das dem Schutz der Artenvielfalt galt.

Der Erhalt des heimischen Artenreichtums und die Pflege der bestehenden Lebensräume der Wildtiere ist eine Kernkompetenz der Jagd in Österreich.

Weidgerechtigkeit
mehr als ein Regelwerk

Der Jägerschaft war auch zu der oben beschriebenen Zeit der Gesetzlosigkeit bewusst, wie wichtig die Arterhaltung und der Respekt vor der Natur ist. Viele ihrer Ideen fanden sich im „Österreichischen Reichsjagdgesetz“ wieder. Noch wichtiger als die niedergeschriebene Gesetzgebung ist den Jägerinnen und Jägern aber die Weidgerechtigkeit, deren Grenzen in der Regel noch strenger als das geltende Recht sind.

Wer sich nicht weidgerecht verhält, verhält sich nicht anständig. Im Fokus steht vor allem ein respektvoller Umgang mit dem Revier und seinen Wildtieren. Und das seit Jahrhunderten. Belegt ist das durch ein überliefertes Gelöbnis aus dem 18. Jahrhundert, das jeder Jägerbursche nach einer Lehrzeit von drei Jahren als Eid abzulegen hatte:

„Ich gelobe die überlieferten, die geschriebenen und die ungeschriebenen Gesetze der Weidgerechtigkeit zu achten und die Gebote des Natur- und Tierschutzes zu befolgen und das jagdliche Brauchtum allzeit in Ehren zu halten.“

Man kann somit behaupten, dass Jäger die ersten Tierschützer waren – und heute noch sind.

Jägerinnen & Jäger
sind wichtige Naturschützer

Durch ihre Arbeit wird die Artenvielfalt gesichert und ein Natur- und Kulturraum aufrecht erhalten, der unserer Gesellschaft und unserer Freizeitgestaltung gerecht wird. Österreichs Jägern ist der „respektvolle und partnerschaftliche Umgang“ besonders wichtig, wie in der neu aufgelegten Informationsbroschüre der Dachmarke „Jagd Österreich“ zu lesen ist:

„Gemeinsame Verantwortung mit anderen Naturnutzern und Naturschützern“,
denn man sei gemeinsam mit anderen „Nutzer- und Interessensgruppen für den Naturschutz mitverantwortlich.“

Ein hehrer Gedanke, den wir uns als Naturnutzer zu Herzen nehmen sollten!

UNSERE
LESE-EMPFEHLUNG

Quellen für diesen Beitrag:
Straubinger, Johannes (2009): Die Geburt einer Landschaft. Norderstedt: Books on Demand GmbH, ISBN 978-3-8391-0846-8, S. 129 ff
Rösener, Werner (1997): Jagd und höfische Kultur als Gegenstand der Forschung. In: Rösener, Werner (Hrsg.) (1997): Jagd und höfische Kultur im Mittelalter. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, S. 8 ff

Bildquellen & Fotocredits für diesen Beitrag:
Rothirsch: Pixabay(c)lagunabluemolly
Uferböschung/Biotop: (c) Schnabl

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