Warum ist die Sache mit dem Biber so kompliziert?
Wo leistet er heldenhafte Arbeit? Und wo ist er für Betroffene ein echtes Problem? Wir klären auf.

BIEBER
Nachhaltigkeitsheld und Problemtier

Ziemlich genau 100 Jahre galt der Biber in Österreich als ausgestorben. Dass dieses heute so umstrittene Nagetier Ende des 19. Jahrhunderts beinahe ausgerottet wurde, hatte drei Gründe:

1. sein dichtes Fell,
2. sein Duftsekret namens Bibergeil –
das nicht nur als Aphrodisiakum, sondern auch als Wundermittel gegen Gicht, Nervosität und Krämpfe aller Art eingesetzt wurde – und
3. sein Fleisch.

Dann, Anfang der 1970er-Jahre, wurde der Biberbestand in weiten Teilen des deutschsprachigen Raums sozusagen wieder zum Leben erweckt. Warum? Weil in dieser Zeit der Naturschutzgedanke gesellschaftspolitisch immer relevanter wurde. Der Biber als „natürlicher Landschaftsgestalter“, wie er oft bezeichnet wird, war plötzlich wieder gefragt. Vor allem, weil durch die damals ziemlich verbauten Flussbette irgendetwas gegen drohende Überschwemmungen unternommen werden musste.

Aber wie genau sollte der Biber dabei helfen? Und ist er heute immer noch der Nachhaltigkeitsheld, als der er damals gepriesen wurde?

Was kann der Biber gut?

 

Die einen sagen: Ja. Wie zum Beispiel Claudia Kubista von den Österreichischen Bundesforsten. Die Biologin ist dort mitverantwortlich für die Bereiche Naturraummanagement und Forschung – und veranstaltet auch regelmäßig Exkursionen in die Lebensräume des Bibers im Wienerwald. Sie erklärt die positive Rolle des Bibers anhand des Beispiels der Lobau im Osten Wiens: „Eine Au lebt davon, dass die Gewässer regelmäßig über die Ufer treten“, erklärt Kubista. „Diese Auendynamik ist ja etwas sehr Gutes, weil damit die Schubkraft von Flüssen abgeschwächt wird und darunterliegende Dörfer vor Hochwasser geschützt werden.

Nur: Um eine intakte Auendynamik zu haben, müssen Bereiche auch immer wieder freigeschnitten werden. Und zwar deswegen, weil Auen schnell verlanden können, wenn gerade weniger Wasser vorhanden ist. Dadurch wird das Bodengefüge starrer. Kommen später wieder Wassermassen, kann es erneut zu Flutkatastrophen kommen.“

Die Möglichkeiten, dieses Problem zu lösen, sind laut Kubista ziemlich eingeschränkt: „Entweder man nimmt viel Geld in die Hand und schafft immer wieder künstlich Bereiche, die frei sind und in denen das Wasser die Au vor dem Verlanden schützt. Oder man schnappt sich jemanden, der das gratis und sehr viel besser macht. Und das ist dann eben der Biber.“ Und zwar indem er seine berüchtigten Staudämme baut. Denn diese würden beispielsweise Strömungsgeschwindigkeiten verringern, das Wasser reinigen, Erosionen reduzieren – und vor allem: die Artenvielfalt fördern.

Für viele liegt aber genau in besagter Baukunst des Bibers das Problem.

Was macht den Biber umstritten?

Zum einen sind da die LandwirtInnen. Viele von ihnen zeigen auf, wie schwierig das Zusammenleben von Menschen und Bibern heute sein kann. Vor allem, wenn sich die genutzten Flächen in Ufernähe befinden, in der Regel also bis zu 20 Meter. Viele Landwirte und Forstbesitzer haben mit Untergrabungen von Dämmen zu kämpfen, mit der Überflutung ihrer Felder, Beschädigungen bestimmter Kurzumtriebsflächen, aber auch mit der Zerstörung von Wertholzstämmen. Besonders betroffen ist momentan Oberösterreich, doch auch das angrenzende Bayern in Deutschland hat mit dem hohen Biberbestand zu kämpfen.

Da dort die Biberschäden in der Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Teichwirtschaft immer höher werden, wird von Seiten des Bayerischen Bauernverbands mittlerweile gefordert, dass der Biber „in seinem Bestand künftig ebenso gemanagt werden“ soll, „wie es auch mit anderen Tierarten, beispielsweise dem Rehwild der Fall ist“.

Und in Österreich? In Oberösterreich beispielsweise gibt es seit Ende der 1990er-Jahre das, was man „Bibermanagement“ nennt. Vereinfacht gesagt wird damit ein Zugang bezeichnet, bei dem es in akuten Fällen zu einer Ausnahmegenehmigung für eine Biberentnahme, sprich: -tötung, kommen kann.

Informationsarbeit,
Präventivmaßnahmen & Biberprämie

Die Biberentnahme gilt aber momentan nur als „letzter Ausweg“, also erst, wenn die Informationsarbeit des Landes und bestimmte Präventivmaßnahmen zur Verhinderung von Biberschäden nicht greifen. Und schließlich auch, wenn die sogenannte Biberprämie nicht reicht, die das Land an BesitzerInnen von Flächen auszahlt, in denen es ein Bibervorkommen gibt. Informationsarbeit, Präventivmaßnahmen, Biberprämie – wäre es da nicht einfacher, den Bestand durch Jagd zu managen? Auf eine klare Antwort konnten sich diverse Verbände und die jeweiligen Bundesländer offenbar (noch) nicht einigen.

Fest steht: Der Biber wird in naher Zukunft noch für viel Gesprächsstoff sorgen. Bleibt zu hoffen, dass sich jener Zugang durchsetzen wird, der das Zusammenleben von Mensch und Biber am unkompliziertesten gestaltet. Zum Wohle aller Beteiligten.

Biber leben in der Nähe von fließenden oder stehenden Gewässern, in Uferbereichen und in Flussauen im Wald. Biber halten keinen Winterschlaf, sie sind ganzjährig aktiv und halten sich besonders in den Wintermonaten oft wochenlang in ihrem Bau auf.

eine echte Jägerin, Waldpädagogin Elisabeth Schlemper, MSc.

Jagdfakten.at bedankt sich für das Gespräch
bei Claudia Kubista von den Österreichischen Bundesforsten.

UNSERE
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Bildquellen für diesen Beitrag: Claudia Kubista, Unsplash
Autorin für diesen Beitrag: U. Macher/Jagdfakten.at

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