Trial fahren im Wald: zu wild?

Motoren heulen auf, Motorräder fliegen durch die Lüfte: Gehört das in den Wald?
Warum beim Trialfahren der Lärm das geringste Problem ist, erklärt Forstmeister Hubertus Kimmel.

Wer sein Buch gelesen hat, der sieht den Wald mit anderen Augen. Heißt es. Die Rede ist von Erwin Thomas’ Bestseller „Die geheime Sprache der Bäume“. 2012 erschienen, löste der österreichische Holzexperte damit einen Waldtrend aus, der bis heute anhält. Seither hat sich der Wald für viele Menschen zu einem geradezu mystischen Sehnsuchtsort entwickelt. Kein Wunder, laut Thomas’ Theorie und vielen anderen Büchern, die seither den Buchmarkt überschwemmen, passiert im Wald gar Wunderliches: Bäume sprechen miteinander, pflegen ihren kranken Nachbarn, leben ewig, kommunizieren mit den Tieren. So etwas mögen die Menschen einer unruhigen, hyperdigitalisierten Ellenbogenwelt. Fest steht: Wald liegt im Trend. Das tut dem Wald, seinen Pflanzen und Tieren aber nicht nur gut. Besonders deutlich wird das bei den lautesten aller Neo-Waldbegeisterten: den Trial-MotorradfahrerInnen. 

TRIAL FAHREN
im Wald

Ist Trialfahren zu wild für den Wald?
Das weiß keiner so gut wie Hubertus Kimmel. Der Forstchef im Stift Klosterneuburg hatte im vergangenen Jahr den Versuch unternommen, seinen Wald für Trial-FahrerInnen zu öffnen. Warum? „Weil ich einen Anreiz für legales Trialfahren schaffen wollte“, sagt er. „Viele machen das ja illegal, aber ich wollte mit diesem Versuch jenen entgegenkommen, die das legal machen wollen.“ Spoiler: Nach rund einem Jahr musste er sich wohl oder übel eingestehen: Die angerichteten Schäden waren zu groß. Was heißt das genau? Und was hat das mit der Jagd zu tun?

Diese 3 Trial-Arten gibt es:
„Es gibt drei Kategorien des motorisierten Trialfahrens“, erklärt Kimmel.

1. „Zum einen gibt es die Motocross-Trial-FahrerInnen, die ein Motorrad ohne Sitz verwenden. Das heißt, man steht eigentlich nur darauf, weil es ausschließlich darum geht, Hindernisse zu überwinden.“

2. „Dann gibt es das normale Motocross-Bike, das besonders leicht und dafür gemacht ist, kurze Passagen zu überwinden und Sprünge zu machen. Es hat im Unterschied zum Trial-Bike einen Sitz. Beide haben in der Regel aber keine Zulassung.“

3. „Das ist beim dritten im Bunde, dem Enduro, anders: Das ist für lange Strecken gedacht und hat sehr wohl eine Zulassung für den Straßenverkehr.“

Für alle drei Motorräder ist das Waldgelände vielversprechend. Es bietet ausreichend Steigungen, Gefälle, Hindernisse, Schanzen.
Nur: Das Wild ist auch da.

Warum Trialfahren
dem Wald nicht guttut

Wildtiere sind ja hochintelligent und wissen genau, wo im Wald was passiert: wo eine Straße ist, wo Menschen auf Wanderwegen gehen, wo mit Motorsägen Bäume gefällt werden. Wenn da plötzlich auf neuen Pfaden oder mitten im Wald Motoren aufheulen, zieht es sich zurück und ist verstört.“

Das gilt vor allem in Jahreszeiten, in denen die Bäume keine Blätter tragen. Denn erstens wird dadurch der Lärm weniger gedämpft, zweitens kann das Wild sich schlechter verstecken, weil der natürliche Sichtschutz fehlt. Kein Wunder also, dass damit auch die Jagd negativ beeinflusst wird: JägerInnen sichten kein Wild mehr. Das kann langfristig zur Folge haben, dass auch das ökologische Gleichgewicht eines Reviers aus den Fugen gerät.

Doch Kimmel nennt auch die Bodenschäden des Waldes als Grund, warum er dieses Experiment beendet hat: „Die Bodenverwundung war erstaunlich, das haben wir alle unterschätzt“, sagt er. „Sie entstand gar nicht einmal durchs Bremsen der Motorräder, sondern durchs Gasgeben. Und wenn dann mehrere Motorräder hintereinanderfahren und es noch dazu regnet, dann geht man durch den Wald und fragt sich: Was, bitte, ist denn hier passiert?“

Steinbrüche als Trial-Hotspot 

Und doch: Kimmel bereut das Trial-Experiment nicht.

Im Gegenteil. „Viel weniger FahrerInnen befahren den Wald jetzt illegal“, sagt er. „Das liegt vor allem daran, dass ich während dieses Experiments immer viel mit ihnen gesprochen und ihnen zum Schluss auch erklärt habe, warum das mit dem Trialfahren hier leider nicht funktioniert“, so Kimmel. Zweitens hat der Forstmeister den Wald damit noch besser kennengelernt. Und festgestellt: Fürs Trialfahren ist der Großteil des Waldes einfach nicht gemacht.

„Wo es meines Erachtens Sinn macht, sind Steinbrüche. Deswegen rate ich jedem und jeder, der oder die Trialfahren will: Geh zu einem aktiven Steinbruchbetreiber oder einer aktiven Steinbruchbetreiberin, frag ihn oder sie, und tob dich dort aus. Im Wald gibt es ja ganz viel andere Dinge, die man weiterhin machen kann.“

UNSERE
LESE-EMPFEHLUNG

Bildquellen für diesen Beitrag: © Unsplash
Autor für diesen Beitrag: L. Palm / Jagdfakten.at

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