„Wild muss man mindestens zwei Tage vorher einbeizen.“
„Man muss es eine Nacht in Buttermilch einlegen, sonst riecht das Fleisch streng.“
„Kräftig würzen, sonst überdeckt der Wildgeschmack alles“

Klingen Ihnen beim Gedanken an Wildgerichte vielleicht diese und ähnliche Ratschläge Ihrer Großmutter im Ohr? “…mühsam, langwierig und ein wenig eintönig gestaltet sich das Zubereiten von Hirsch, Reh, Wildschwein oder Gams.”

Doch das ist es ganz und gar nicht! Mythen wie diese stammen aus einer längst vergangenen Zeit: Es fehlten Kühlketten, hochwertige Wildbrethygiene, Kontakte zur Direktvermarktung und der Zugang zu diesem qualitativen Naturprodukt für die breite Öffentlichkeit.

Heute ist Wild relativ einfach zugänglich bei Jägern und Wildbrethändlern vor Ort. Sogar Fleischer und Supermärkte führen gängiges Wildfleisch wie Filets, Schlögel, Gulasch von Rotwild und Rehwild im Sortiment.

Wer es ausgefallener mag und ein Stück von der Gams, dem Muffel oder Feldhasen bevorzugt, kann sich online auf die Suche begeben oder beim Jäger im Ort um Rat fragen. Auf Wild-Österreich.at finden Sie z.B. Anbieter aus Ihrer Region. Zu den Wildspezialitäten zählen auch die Innereien – wobei das Herz im Normalfall dem Schützen vorbehalten bleibt.

Sie haben das beste Stück Wild zu Hause und wissen nicht so recht, wie Sie es zubereiten sollen? Lesen Sie hier, welche Gewürze klassisch zu Wild passen – und mit welchen Sie experimentieren können.

WILD und GEWÜRZE

I) Gewürzklassiker –
die sich perfekt für ganze Wildbraten eignen:

WACHOLDERBEEREN:

Sie passen mit ihrem typischen Aroma zu allen Wildgerichten, auch zu Wildgeflügel. Wer sich erst an den Wildgeschmack herantasten möchte, ist gut beraten: Wacholder lindert die Intensität. Statt der Beeren gibt auch ein Schuss Gin eine frische Note.

LORBEER:

Auch die aromatischen Blätter sollte man sparsam einsetzen. Sie machen, wie der Wacholder, den Wildgeschmack milder.

SENF:

Als Körner oder als Paste ein passender Begleiter zu kräftigen Wildgerichten (Schlögel, Hirschrücken, Wildbraten). Gibt je nach Sorte (Dijon, Kremser usw.) eine süßscharfe Note. Vorsicht bei zarten Stücken (Hirschrücken, Rehrücken, Fasan oder Kaninchen): Senf kann schnell den Fleischgeschmack überdecken.

ROSMARIN & THYMIAN:

Passen gut zu Wildbraten, aber auch zu Filets oder Kaninchengerichten. Man sollte sie behutsam dosieren. Wer Gerichte mit Saucen zubereitet, kann die Nadeln in ein Tee-Ei verpacken, so hat man sie am Ende nicht am Teller. Bei Kurzgebratenem am besten einen ganzen Zweig in die Pfanne legen und mitbraten.

PFEFFER:

Scharfe Komponenten runden das Geschmackserlebnis ab. In die deftige Sauce passen ganze bunte oder schwarze Pfefferkörner (mit ins Tee-Ei). Rosa Pfefferbeeren geben jungen, zarten, kurzgebratenen Stücken den richtigen Pfiff. Wer mutig ist und eine exotische Note testen will, kann sich am scharfen Cayenne-Pfeffer versuchen.

NELKEN:

Die Gewürznelke klingt nach Kompott, bringt aber gerade in Braten-Saucen den leicht süßlichen Wildgeschmack zur Geltung. Am besten als Ganzes in die Sauce bzw. mit ins Tee-Ei.

PIMENT & ZIMT:

Sind oft Teil von fertigen Wildgewürz-Mischungen. Beim Einsatz zu Hause ist Vorsicht geboten: In der richtigen Dosierung geben beide Gewürze eine Spur Schärfe – aber erwischt man zu viel, schmeckt der Braten schnell nach Lebkuchen.

SALZ:

Wie auch beim Steak und anderen Fleischgerichten scheiden sich hier die Geister: Wann ist die beste Zeit, ein Stück Wild zu salzen? Für beide Seiten (vor dem Braten oder danach) gibt es gute Argumente. Grundsätzlich kann man aber sagen: Einem qualitativ hochwertigen Stück Fleisch – und das ist österreichisches Wildfleisch – kann „falsches“ salzen nichts anhaben.

Einzig sollten Sie beachten: Wenn Sie mit Aromen oder Gewürzen versetztes Salz (Vanille, Rosmarin, Bärlauch etc.) verwenden, kann es passieren, dass die zugefügten Kräuter beim Anbraten verbrennen und einen bitteren Geschmack hinterlassen.

Klassische Basis für Saucen zum Wildbraten:

Wurzelgemüse, abgelöscht mit Rotwein, Cognac oder Sherry. Auch Knoblauch kann mit in die Bratenform, muss aber nicht. Selbiges gilt für Birnen, Maroni, Feigen oder Dörrzwetschken (auch zum Füllen großer Stücke eine Idee).

Zum Schluss mit Holundergelee, Preiselbeeren oder Brombeermarmelade der Sauce den letzten Schliff geben. Nach Belieben Orangenzesten hineinreiben oder – für ganz Mutige – mit STERNANIS oder KARDAMOM abschmecken.

II) Frische heimische & exotische Gewürze –
für schnelle Gerichte, zarte Stücke und passend zur Jahreszeit:

WILDE KRÄUTER:

Brennnessel, Gänseblümchen, Löwenzahn, Gundelrebe, Wegwarte, Huflattich, Sauerampfer und viele mehr: Wer sich die Mühe macht und das alte Wissen rund um die heimischen Wildkräuter auffrischt, wird mit perfekten Wildbegleitern belohnt. Nichts schmeckt im Frühling frischer als ein Salat aus Wildkräutern mit gebratenen Morcheln und einem zartrosa Rehfilet.

KLASSISCHE KRÄUTER:

Estragon und Bohnenkraut, die Petersilie, die nach einem italienischen Sprichwort ohnehin nirgends fehlen darf, Majoran und Co: Eine saftig-grüne Kruste aus gemischten Kräutern peppt optisch und geschmacklich zarte Wildgerichte auf. Wer es knuspriger mag – einfach Semmelbrösel mit dazu mischen. TIPP: Frische Kräuter nicht scharf anbraten, sie verbrennen und werden schnell bitter.

VANILLE:

Verleiht zum Beispiel Kaninchenkäulen den gewissen Pfiff. Wirkt am besten in einem Schmortopf gemeinsam mit Nelken, Knoblauch, Lorbeer und Weißwein.

KAFFEE:

Rückenstücken und Filets verleiht man eine tolle Optik, wenn man sie in eine Kruste aus gestoßenen Kaffeebohnen einpackt. Vorsicht: Kaffee wird bitter, wenn er zu heiß wird – daher immer zuerst das Fleisch anbraten und dann erst ummanteln. Vollendet wird die Kruste mit Salz, Semmelbröseln, Piment und Staubzucker. Dazu passt eine Portweinsauce mit Zwetschken oder Hagebutten. Wer’s frischer mag: Kaffeepulver in Öl einweichen, abseihen und als Würzung für das Carpaccio verwenden.

BÄRLAUCH:

Das frische Grün des Knoblauchverwandten passt als Kruste oder Mantel gleichermaßen zu Wildgeflügel, Reh, Lamm und Kalb. Bärlauch kann aber auch deftige Gerichte in Form von Beilagen (Nudeln, Kroketten) abrunden. Perfekt für die Kühltruhe: Die gehackten Blätter mit zerlassener Butter mischen und einfrieren – so hat man für Steaks von Hirsch und Co. jederzeit selbstgemachte Bärlauchbutter zur Hand. Bärlauch gibt es mittlerweile auch im Lebensmittelhandel. Wer selber sammelt kann sich darauf verlassen: Wenn es riecht wie Knoblauch, ist es ungiftig.

MAIWIPFERL:

Wie der Bärlauch passen auch die jungen Tannenzweige herrlich zu Kurzgebratenem. Mutige können sich daran versuchen, Wildbret mit ein wenig Speck und gehackten Maiwipferln zu faschieren und zu Bratwürsten weiter zu verarbeiten.

Wer sich in den würzigen Geschmack nach Wald verliebt hat, kann ihn als Öl konservieren: Maiwipferl mit Rapsöl, Pfeffer und Wacholderbeeren in eine Flasche oder ein Rexglas geben – fertig.

SOJASAUCE, INGWER, CURRY & Co.:

Die asiatische Küche ist hierzulande vom Teller kaum noch weg zu denken. Auch Wild lässt sich toll mit fernöstlichen Aromen kombinieren. Anregungen gefällig? Sojasauce und Wildkaninchen, Ingwer und Wildente, statt dem klassischen Hirschragout einmal ein Hirschcurry und der Maibock-Schlögel mariniert in Zitronengras, Sesamkörnern und Fischsauce.

UNSERE
LESE-EMPFEHLUNG

Bildquellen für diesen Beitrag: Jagdfakten.at/L. Molter

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