
Der Wald ist dem Klimawandel nicht mehr gewachsen.
Mittlerweile stößt er mehr CO2 aus, als er aufnimmt.
Was bedeutet das genau? Und kann er wieder klimafit gemacht werden?
KLIMASÜNDER WALD
Unsere Wälder sind Klimasünder. Ja, richtig gelesen: Ausgerechnet das Symbol einer intakten Biodiversität soll also drauf und dran sein, eben diese zu zerstören. Da sprießen eine Vielzahl an Bäumen und Pflanzen, da brüten und zwitschern seltene Vogelarten, da kreuchen und fleuchen allerhand Tierchen – und doch sollen unsere grünen Oasen für den Untergang unseres Planeten sorgen. So zumindest stellen es namhafte Experten im „Zweiten Sachstandsbericht zum Klimawandel in Österreich“ fest, der am 17. Juni präsentiert worden ist.
Darin wird klar: Die sogenannte Klimabilanz des Waldes ist negativ. Das heißt: Unsere Wälder stoßen mehr CO2 aus, als sie aufnehmen. Das war nicht immer so. Wie ist es so weit gekommen? Und bedeutet das: Der Wald muss weg?
Die Senkenwirkung
des Waldes
Seit in Österreich verlässliche Aufzeichnungen über den CO2-Ausstoß existieren, galt der Wald stets als sogenannte CO2-Senke, also als Speicher. Diese Senkenwirkung bestand darin, dass andernorts ausgestoßenes CO2 im Wald aufgenommen – und unschädlich gemacht – werden konnte. Damit galten Wälder als wichtige Verbündete im Kampf gegen den Klimawandel. Dass der Wald aber immer mehr CO2 ausstößt statt aufnimmt, zeichnet sich für Forscherinnen und Forscher schon seit einigen Jahren ab. 2018 und 2019 beispielsweise stießen die Wälder in Österreichs offenbar mehr CO2 aus, als sie aufnehmen konnten. 2023 gilt diesbezüglich – weil es für 2024 noch keine Zahlen gibt – als Rekordjahr. Und das, obwohl die gesamten CO2-Emissionen in Österreich rückläufig sind. Stellt sich die Frage: Was macht der Wald falsch?
Was sind die Ursachen für den kranken Wald?
Nichts natürlich. Die Sache ist nur die: Er ist den steigenden Temperaturen weniger gewachsen, als viele Expertinnen und Experten das noch vor wenigen Jahrzehnten gedacht hätten. Laut dem Umweltbundesamt verursachen die steigenden Temperaturen zunehmend Trockenheit, was wiederum „den Abbau und die Veratmung organischen Materials im Boden“ beschleunige. Trockenheit sorge auch dafür, dass alles im Wald generell langsamer wachse – und damit weniger CO2 gebunden werden kann.
Und dann wäre da auch noch der Borkenkäfer: Die milden Winter, das trockene Klima, aber auch die vielen Monokulturen aus Fichten, die in Österreichs Wäldern verbreitet sind, begünstigen diesen Schädling, der sich durch das viele Holz frisst. Damit wird aus gesunden Bäumen Schadholz, das kein CO2 mehr binden kann. So weit, so fatal. Aber gibt es Wege, dem Wald seine Senkwirkung zurückzugeben?
Wie kann der Wald wieder klimafit werden?
Ja, es gibt Wege. Womit auch die eingangs gestellte Frage verneint werden kann: Der Wald gehört selbstverständlich nicht weg. Ohne ihn wäre der Kampf gegen die Klimaerwärmung nicht zu gewinnen – selbst wenn er momentan stärker von ihr betroffen ist als gedacht. Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Umweltschutz, Regionen und Wasserwirtschaft hat daher gemeinsam mit Expertinnen und Experten zentrale Empfehlungen für einen klimafitten Wald formuliert:
- Unterschiedliche Baumarten streuen das Schadensrisiko.
- Weniger Bäume haben mehr Platz, dadurch werden sie stabiler.
- Zu viel Wild schädigt den Wald.
- Der Klimawandel verändert die Verbreitung der Baumarten. Deshalb: Vorteile von Naturverjüngung und Aufforstung nutzen.
- Schäden an Waldböden, Baumwurzeln, Stamm und Rinde vermeiden.
- Einzelnes Totholz fördert die Artenvielfalt. Mehrere plötzlich absterbende Bäume sind aber ein Warnsignal.
Wildtiere: Regulierung wichtig
Besonders Mischbaumarten – etwa Laubbäume wie Buche, Eiche oder Ahorn oder Nadelbäume wie Tanne, Kiefer oder Lärche – fallen überdurchschnittlich oft Wildbverbiss zum Opfer. Das bedeutet: Um den (Misch-)Wald der Zukunft wirklich klimafit zu machen, braucht es die wildtierregulierende Jägerschaft mehr denn je. Nur so erhält der Wald seine elementare Senkwirkung zurück – und kann so seiner jahrhundertealten Rolle als Verbündeter im Kampf gegen CO2-Emissionen endlich wieder nachkommen.
UNSERE
LESE-EMPFEHLUNG
Lebenszyklus Wald – vom Keimling bis zum alten Baum
Zweiter Österreichischer Sachstandsbericht zum Klimawandel
Informationsplattform zum Thema Wald und Forstwirtschaft
Unabhängige Informationsplattform für forstliches Saat- und Pflanzgut in Österreich
Bildquellen für diesen Beitrag: © Pixabay
Autor für diesen Beitrag: L. Palm / Jagdfakten.at
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