Tauben: Sind Tiere in der Stadt automatisch Schädlinge? Jagdfakten.at informiert

Tiere in der Stadt: Was sind Schädlinge?

Der Stadtmensch weitet seinen Wohnraum immer weiter aus – und kommt den Tieren dabei immer näher. Aber sind sie deswegen auch gleich Schädlinge? Was hat es mit dem Begriff wirklich auf sich? Und von welchen Tieren sprechen wir genau? Ein erfahrener Hegemeister gibt Auskunft. 

SIND TIERE IN DER STADT
SCHÄDLINGE?

Geht es um Tiere, ist es für uns Menschen mit der politischen Korrektheit nicht weit her. Das Wort „Schädling“ ist dafür ein gutes Beispiel. Laut Duden handelt es sich dabei um einen „tierischen Organismus, der dem Menschen aufgrund seiner Lebensweise schadet“. An sich ja keine besonders unmoralische Definition. Nur: Ab wann schadet ein Tier uns Menschen?

Die Antwort hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Und zeigt eine verstörende Widersprüchlichkeit auf: Einerseits breitet sich der Mensch immer weiter in von Tieren bewohnten Naturgebieten aus. Andererseits wird sein Hygieneverständnis immer penibler. Sprich: Wir kommen den Tieren immer näher – und wollen trotzdem immer weniger von ihnen wissen. Von Ratten, Tauben und Krähen über Füchse, Marder und Dachse – alle wurden sie in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder als Schädlinge bezeichnet, vor allem im urbanen Gebiet.

Wie gehen Städte mit diesen „Schädlingen“ um?
Und was bedeutet das aus der Perspektive der Jägerinnen und Jäger?

„Der Begriff ‚Schädling‘ wird im urbanen Raum viel zu oft verwendet – und ist in den meisten Fällen schlicht und ergreifend falsch“, sagt Karl Klescher. Der 63-jährige Jäger und Hegemeister jagt seit seinem 16. Lebensjahr in Graz – und hat die Entwicklung des Zusammenlebens zwischen menschlichen und tierischen Stadtbewohnern so genau mitverfolgt wie wohl die wenigsten. „Natürlich, es gibt Tiere, die im urbanen Raum stark verbreitet sind – und uns Menschen ziemliche Scherereien machen. Aber deswegen sind sie ja keine Schädlinge.“ Welche Tiere meint Klescher damit genau?

Tauben und Krähen –
wie gehen Städte damit um?

Zum einen die Taube.

Tauben findet in Städten ideale Lebensbedingungen. Auch als „Ratten der Lüfte“ bezeichnet, bietet sich ihr in dichtbesiedelten Gebieten eine Vielzahl an Nahrungsmöglichkeiten: Essensreste auf Tischen, auf Böden oder im Müll – und mancherorts sogar eigene Futterplätze. Außerdem gibt es in der Stadt mit ihren vielen Gebäuden und Brücken ideale Nistmöglichkeiten. „Da die Taube aber kein jagdbares Wild im Sinne des Jagdgesetzes ist, liegt sie auch nicht im Aufgabenbereich von uns Jägern. Mit Ausnahme von der Türkentaube und der Ringeltaube, die sehr wohl bejagbar sind, sich aber eher in der Stadtperipherie befinden“, so Klescher.

Der Umgang mit Stadttauben fällt daher in den Aufgabenbereich der Stadtverwaltung. Worum es Städten dabei in erster Linie geht: die materiellen Schäden durch den ätzenden Taubenkot in Schach zu halten. Das gelingt den meisten Städten – mal gut, mal weniger gut – mithilfe von Netzen und Stacheln auf Fassaden und Statuen. Immer mehr – darunter Graz und Wien, zuletzt aber auch etwa Barcelona – greifen außerdem auf die „Taubenpille“ zurück, eine Art Anti-Baby-Pille für Tauben, die einem normalen Korn ähnelt, aber die Fortpflanzung hemmt.

Dann gibt es auch die Sache mit den Krähen.

Mit ihnen ist es etwas schwieriger. Denn sie gelten als intelligenter als Tauben und gewöhnen sich schneller an Abwehrmaßnahmen. Vom Einsatz von Laserlicht über die gezielte Ansiedlung von Falken, die als natürliche Feinde die Krähen vertreiben sollen, versuchen Städte in Österreich unterschiedliche Methoden, um den Verunreinigungen auf Gebäuden und dem Krächzlärm Herr zu werden. Regelmäßige Berichte über brutale Selbstjustizmethoden von Einzelpersonen zeigen: mit mäßigem Erfolg.

„Aber neben der Taube und Krähe“, sagt Klescher, „gibt es mittlerweile viele andere Tiere, die uns Menschen in der Stadt vor große Herausforderungen stellen. Und diese gehören alle zum bejagbaren Wild.“

Marder in der Stadt –
was tun?

 

Der Umgang mit bejagbarem Wild unterliegt ausschließlich den Handlungen der Jägerschaft.

Oder eben denen eines Hegemeisters wie Klescher, der in Graz übrigens regelmäßig ausrückt, um Menschen dabei zu helfen, eine Lösung für ihr Problem mit ungeliebten Besuchern im Garten oder auf dem Dachboden zu finden. „Das Paradebeispiel ist der Marder“, sagt er. „Heutzutage ist er überall – er braucht ja nicht einmal einen Wald. Ein paar Büsche, am besten noch ein paar Gartenhütten in der Nähe, die als Lagerraum dienen – und er fühlt sich wohl.

An lauen Sommerabenden sieht man ihn am öftesten, deswegen sind die Stadtbewohner in dieser Zeit auch am hysterischsten“, sagt Klescher. Der Grund: Marder nagen die Autokabel geparkter Autos ab, auch andere Stromkabel an Gebäuden. Und oft treiben sie ihr hörbares Unwesen auf Dächern. „Da wir ihn in dichtbesiedeltem Stadtgebiet natürlich nicht bejagen dürfen, arbeiten wir in der Regel mit Lebendfallen“, so Klescher. Das kann in einzelnen Fällen sehr wohl etwas bringen – langfristig vergrault das jedoch die hundeartigen Raubtiere nicht wirklich.

Rehe, Dachse und schlaue Füchse

„Wenn wir von Tieren sprechen, die uns Stadtmenschen regelmäßig vor Herausforderungen stellen, dann zählen – zumindest in unserem Fall hier in Graz – auch der Fuchs, der Dachs und das Reh dazu“, sagt Klescher.

Letzteres sucht, weil die menschlichen Siedlungsgebiete immer näher zum Wald rücken, vor allem Hausgärten am Waldrand auf. „Diese nutzen die Rehe als Äsungsfläche, einige vernachlässigte Gärten nutzen sie sogar als Einstand!“, wundert sich der langgediente Jäger selbst. Der Umgang mit diesem neuen Phänomen stellt den Hegemeister immer wieder vor Probleme: „Der eine Hausbesitzer ärgert sich darüber, dass die Rosenhecke schon wieder abgenagt wurde. Der Nachbar hingegen findet das entzückend und macht sogar ein Foto vom nagenden Reh. Und ich als Jäger stehe dazwischen und muss entscheiden, was mit dem Reh passieren soll. Das ist nicht immer einfach.“

Auch Fuchs und Dachs halten Klescher immer regelmäßiger auf Trab. Wobei der Umgang mit dem Fuchs oft nicht vorhersehbar ist: „Im Siedlungsgebiet kann er mit Lebendfallen ziemlich schwierig einzufangen sein. Der letzte, um den ich mich gekümmert habe, war nach ein paar Wochen einfach weg. Wohin und warum – keiner weiß es“, so Klescher. Und zeigt damit auf: So nah uns die Tiere in der Stadt auch sind – es ist eine Illusion zu glauben, die volle Kontrolle über sie ausüben zu können.

Jäger als Bindeglied
zwischen Tier- und Menschenwelt

In Zukunft wird es für ein harmonisches Zusammenleben zwischen Stadtmenschen und -tieren verstärkt die Arbeit der Jägerschaft brauchen. Und zwar in all ihren Bereichen. Denn gerade im urbanen Gebiet offenbart sich ihre wirkliche Rolle in unserer Gesellschaft mehr denn je – die des Bindeglieds zwischen der Welt der Tiere und der des Menschen.

UNSERE
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Bildquellen für diesen Beitrag: © Pexels
Autor für diesen Beitrag: L. Palm / Jagdfakten.at

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