„Die sind ja sooo süß!“, „Die sind ja sooo arm!“, „Die haben sicher Hunger!“, „Ich muss helfen!“
Diese und ähnliche Sätze sind in diesen Wochen oft zu hören – von Kindern ebenso wie von Erwachsenen.
Im Umgang mit jungen Wildtieren ist gut gemeint jedoch oft das Gegenteil von gut.
Wer im Frühjahr und Frühsommer in der Natur ist, begegnet Rehkitzen, jungen Häschen und anderen jungen Wildtieren. Denn es ist die Hochblüte der Setz- und Frischzeit: also jene Zeit, in der die Jungen zur Welt kommen. Auch wenn diese Jungtiere oft alleine sind – keine Panik! Das ist völlig natürlich – sie sind es gewohnt auf die Pflege der Eltern zu warten. Ein Eingreifen als Mensch ist daher in der Regel NICHT notwendig. Der Umgang mit jungen Wildtieren will gelernt sein – lesen Sie in diesem Beitrag:
JUNGTIERE IM WALD
6 Fehler, die Sie vermeiden sollten:
1. Angreifen oder streicheln
Das kann den sicheren Tod mancher Tiere bedeuten. Wenn Jungtiere nach Menschen riechen, dann verstoßen beispielsweise Rehe und Hasen ihre Jungen. Jungtiere sind selten hilflos, sondern werden zum Schutz im Dickicht oder hohen Gras abgelegt und nur selten von ihren Muttertieren aufgesucht. Den Kontakt halten Mutter- und Jungtier(e) in der Regel durch Rufsignale.
Abbildung: Rehkitz versteckt im Gras (c) Pixabay
2. Vor Ort bleiben
Muttertiere (vor allem Rehe) kommen erst dann wieder, wenn wir Menschen weg sind. Ganz gefährlich ist dieses Verhalten bei Entengelegen: Sobald sich Menschen in der Nähe des Geleges befinden, wird die Ente sich nicht nähern. Die Folge davon ist, dass die Eier auskühlen und die Küken somit bereits im Ei verenden. Vermeintlich flehende Tierlaute sind nur selten qualvolle Schmerzlaute. Zumeist ist es der Hilfeschrei nach der Mutter, weil die Tiere vor uns Menschen Angst haben.
Achtung bei Frischlingen (jungen Wildschweinen): Die Bache (Muttertier) wird ihre Jungen verteidigen und auch angreifen, sofern erste Drohungen durch Lautäußerung keinen Effekt auf die Anwesenheit von uns Menschen haben.
Abbildung: Zwei junge Wildschweine (Frischlinge) – die Bache ist nicht zu sehen, aber niemals weit entfernt (c) Pixabay
3. Hunde frei laufen lassen
Lassen Sie ihren Hund gerade in den Monaten der Setz- und Frischzeit NIE im Unterholz, Dickicht oder im hohem Gras laufen! Wie bereits erwähnt sind in dieser Zeit viele Jungtiere darin versteckt. Die Anwesenheit des Hundes versetzt die Jungtiere in Stress. Zudem haben Hunde einen natürlichen Jagdtrieb, der trotz Domestizierung bei solchen Begegnungen ausbrechen kann – ein Überbleibsel von seinem nächsten Verwandten, dem Wolf.
Es ist also nicht auszuschließen, dass der freilaufende Hund das Rehkitz oder den Junghasen tötet. Doch auch für den Hund kann die Begegnung mit dem Wildnachwuchs böse enden: Nicht vergessen – Wildschweine schützen ihre Jungen auch mit Gewalt vor Eindringlingen. Die Eckzähne der Bache sind rasiermesserscharfe Waffen und können Hund und Herrl lebensbedrohliche Verletzungen zufügen.
Abbildung: Bache mit Frischlingen (c) Pixabay
4. Füttern
Beim Füttern gilt: Das Gegenteil von gut ist gut gemeint!
Hier begehen wir Menschen die meisten Fehler – denn: viele Nahrungsmittel, die wir füttern, sind extrem schlecht – da schlecht oder gar nicht verdaulich – für die Jungtiere. Brot zum Beispiel quillt im Magen auf, weshalb die Tiere starke Schmerzen erleiden. Das Füttern von Enten oder Schwänen mit Brot kann im schlimmsten Fall das gesamte Gewässer verunreinigen. Die Folge ist eine erhöhte Bakterienbildung durch das Brot und den Kot der Tiere. Das Gewässer kippt und Tiere sowie Fische erkranken und sterben.
5. Mitnehmen
Zu allererst ist zu erwähnen, dass es ein Naturschutzgesetz und ein Jagdgesetz gibt. Das Naturschutzgesetz verbietet uns, Wildtiere aus der Natur zu entfernen. Laut Jagdgesetz würde man sich sogar der Wilderei strafbar machen. Die bekanntesten Tiere, die unter das Jagdgesetz fallen sind: Rotwild, Rehwild, Wildschweine, Feldhasen und Wildkaninchen, sowie Füchse, Marder und Dachse.
Aber auch aus Sicht der Tiere ist das Mitnehmen die falsche Entscheidung, denn dadurch werden sie ihres wildgerechten Lebensraumes beraubt. Und das schafft nicht nur unglaublichen Stress für die Tiere, sondern kann auch eine nicht gewollte und oft auch nicht rückgängig machbare Abhängigkeit vom Menschen verursachen.
6. Selbst versorgen / pflegen
Die Pflege von jungen, kranken oder verletzten Wildtieren sollten Sie unbedingt den Profis überlassen. Zu groß ist die Gefahr, durch falsche Pflege oder Fütterung Fehler zu machen. Zudem wird nur allzu oft die Ansteckungsgefahr bei kranken Tieren übersehen.
Fazit zum Umgang mit jungen Wildtieren:
Wildtiere sind von Natur aus in der Lage, sich selbst gut zu ernähren und zu pflegen. Sie brauchen den Menschen nicht als Schutz, denn sie haben hervorragend ausgebildete Instinkte. Am besten helfen wir den Tieren indem wir unser Verständnis für eine intakte und möglichst artgerechte Natur schärfen. Dazu gehört auch unser Wissen um die ökologischen Zusammenhänge in der Natur zu erweitern.
ÜBERSICHT
Welchen Jungtieren können Sie in der Natur begegnen und wann kommen sie zur Welt:
WILDTIERE | SETZZEIT und FRISCHZEIT (Geburtsmonate) |
---|---|
Wildente | März/April |
Wildschwein | März/April, event. auch August/September |
Feldhase | März – Oktober |
Marder | April/Mai |
Waschbär | April/Mai |
Rotfuchs | April/Mai |
Murmeltier | April – Juli |
Biber | April – Juli |
Rehwild | Mai/Juni |
Rotwild | Mai/Juni |
Luchs | Mai/Juni |
Gams | Mai/Juni |
Schneehase | Mai – August |
UNSERE
LESE-EMPFEHLUNG
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Hände weg von Jungtieren – Tipps zum richtigen Verhalten von der Stadt Wien
Bildquellen für diesen Beitrag: Jagdfakten.at/L. Molter
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