Die medial breit diskutierten Reduktionsgatter – Tötungsaktion der Behörde von 33 Stück Rotwild in der Tiroler Gemeinde Kaisers sorgte für viele Emotionen. Viele davon wurden von und mit der Jägerschaft in Österreich geteilt. Doch was ist dort überhaupt genau passiert? Was ist ein Tötungsgatter und in welchem Zusammenhang wurde es eingesetzt? Wir haben für Sie einen Faktencheck zusammengestellt um die vielen Begriffe wie Tötungsgatter, Reduktionsgatter, Jagdgatter oder Wildgatter zu differenzieren und was sie mit der Jagd zu tun haben.

 

Wildgatter, Jagdfakten.at informiert

Tirol, Kaisers:

Das Jagdgebiet in der Gemeinde Kaisers ist Teil der Tbc-Überwachungszone. Das heißt die Höhe des Abschussplans wird auf Basis des Tierseuchengesetzes vorgeschrieben und jedes erlegte Stück Rotwild wird auf eine mögliche Tbc-Infektion untersucht. Ziel ist eine Bestandsreduktion, um die Seuche einzudämmen und möglichst ausrotten zu können. Dadurch wurde der Jagddruck auf das Rotwild im Gebiet stark erhöht. Da das Rotwild zu den besonders sensiblen, scheuen und lernfähigen Wildtieren zählt, wird die Bejagung bei hohen Jagddruck immer schwerer. Die Jagd in Kaisers konnte somit den Abschussplan durch die reguläre Jagd für 2019 nicht mehr erfüllen.

Die Behörde sah es daher als notwendig an, ein Gatter zu erbauen, in welchem die fehlende Stückzahl an Rotwild sicher erlegt werden kann. Hierbei handelte es sich somit um ein sogenannten „Reduktionsgatter“ bzw. „Tötungsgatter“, da es rein für diesen Zweck errichtet wird. Da diese Maßnahme der Bekämpfung von Tierseuchen dient, ist das Jagdgesetz bei dieser Maßnahme nicht zu berücksichtigen (Bundesgesetz steht über dem Landesgesetz). Kurz gesagt hatten die Maßnahmen, die von der Veterinärbehörde angeordnet wurden, nichts mit Jagd zu tun.

In der Berichterstattung wurden die Begriffe rund um „Gatter“ und „Jagd“ jedoch immer wieder vermischt.
Der folgende Faktencheck zeigt die Unterschiede auf:

Reduktionsgatter/Tötungsgatter

  • Eine Maßnahme zur Reduktion des Bestandes in Ausnahmefällen
  • Maßnahme zur Seuchenbekämpfung
  • Angeordnet durch die Behörden
  • Ziel: Rasches Töten des gefangenen Wildes
  • Rechtliche Grundlage: Tierseuchengesetz (Bundesrecht)

Jagdgatter/Wildgatter

  • Gatter zum dauerhaften Halten von Wild
  • Ziele: Gewinnung von Wildbret, Zucht, Arterhaltung
  • Rechtliche Grundlage: je nach Bundesland unterschiedlich

Reguläre Bejagung („Jagd“)

  • Nachhaltige Bejagung des Wildes anhand behördlicher Abschusspläne in der freien Natur
  • Ziel: Regulierung der Wildbestände angepasst an den Lebensraum und ihr natürliches Vorkommen. Das inkludiert Maßnahmen zu deren Schutz, Stabilisierung oder Reduktion, je nach Bestand, Art und Gebiet.
  • Rechtliche Grundlage: Jagdgesetz (Landesrecht)
Abwurfstange Winter, Jagdfakten.at informiert

Da diese Maßnahmen der Behörde und vor allem die Umsetzung entschieden mit den Wertevorstellungen der Weidgerechtigkeit und damit dem Respekt gegenüber dem Geschöpf nicht zu vereinen sind, haben sich die Landesjagdverbände Österreich klar von diesen Maßnahmen distanziert. So meldete sich beispielsweise der Tiroler Landesjägermeister nach einem Lokalaugenschein zu Wort:

Als die Meldung zu den behördlichen Abschüssen im Tötungsgatter kam, war ich zutiefst schockiert. Da die Berichte sehr auseinanderklafften, fuhr ich persönlich nach Kaisers, um mir ein Bild von der Lage zu machen. Der Tiroler Jägerverband distanzierte sich sofort von diesem Vorgehen, da es nicht auf Grundlage des Jagdgesetzes angeordnet wurde und wir in keiner Weise involviert waren. Wir stehen zu der Seuchenbekämpfung, aber nicht auf diese Art und Weise!

In Folge wurde eine gemeinsame Arbeitsgruppe des Landes Tirol und des Tiroler Jägerverbandes eingerichtet, welche nun neue Strategien für die TBC-Bekämpfung ausarbeitet. Dabei steht der weidgerechte Umgang mit dem Wild im Vordergrund und die Abstimmung der Bejagungskonzepte zur Seuchenbekämpfung mit der Jägerschaft. Wichtig ist, dass das Vertrauen zwischen den Behörden und der Jägerschaft wiederhergestellt werden kann, dafür braucht es Verständnis und ein offenes Ohr für alle Aspekte der Problematik. Seitens des Landes und des Tiroler Jägerverbandes wurde ein vertrauenswürdiger und erfahrener Sonderbeauftragter mit der jagdlichen Koordination betraut.“

Bildquellen für diesen Beitrag: Walch & Pixabay

Autorin:

Christine Lettl, BSc

Biologin und Mitarbeiterin des Tiroler Jägerverbands, Referat Öffentlichkeitsarbeit, Medien und Veranstaltungen