Mehlbeere - Baum des Jahres 2025: Jagdfakten.at informiert

Die Mehlbeere – stille Königin der Waldränder

Robust, selten und lebenswichtig für Wildtiere –
warum Österreichs Baum des Jahres 2025 ein Symbol für den neuen österreichischen Mischwald ist.
 Ein Portrait:

DIE MEHLBEERE

Die Mehlbeere wächst dort, wo andere Bäume längst aufgeben – auf steilen, trockenen Hängen, Kalkfelsen oder felsigen Waldrändern. Ihre Heimat sind die Sonnenlagen des Alpenvorlandes, der Kalkalpen, des Wienerwalds und der pannonischen Trockengebiete. 2025 wurde sie vom Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) und dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft (BML) zum „Baum des Jahres“ gekürt – als Symbol für Anpassungsfähigkeit und Artenvielfalt im österreichischen Wald der Zukunft.

Wie sieht eine Mehlbeere aus?

Sie steht selten im Mittelpunkt – und doch ist sie in vielen Regionen Österreichs unersetzlich: die Mehlbeere, auch Sorbus aria, gehört zur großen Familie der Rosengewächse und ist eine nahe Verwandte von Eberesche (Vogelbeere) und Elsbeere, jenen typischen Wildobstbäumen der heimischen Wälder.

Wer sie einmal bewusst gesehen hat, erkennt sie übrigens auch sofort wieder:

  • silbrig schimmernde Blätter, als hätte jemand feinen Staub darübergepudert,
  • und leuchtend orange-rote Früchte, die bis in den Winter am Baum hängen.
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Mehlbeere Baum
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Mehlbeerenblätter
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Mehlbeerenfrüchte

Wertvolles Wildobst – vom Wald auf den Teller
Die Früchte der Mehlbeere sind essbar, wenn auch herb und mehlig – daher der Name. Erst nach dem ersten Frost werden sie weich und süß. In der traditionellen österreichischen Küche wurden sie früher getrocknet, zu Mus verkocht oder zu Wildsaucen und Bränden verarbeitet.

Heute erlebt dieses „vergessene Wildobst“ eine kleine Renaissance: In einigen Feinkostbetrieben – etwa im Mühlviertel oder im Südburgenland – entstehen Liköre, Marmeladen und Chutneys aus Mehlbeeren, oft in Kombination mit Hagebutten oder Vogelbeeren.

Für Jägerinnen und Jäger, die gerne selbst veredeln, ist die Mehlbeere ein Geheimtipp: Ein paar reife Früchte, fein passiert, geben einer Wildjus oder Pastetenfüllung eine feine, leicht bittere Tiefe – ähnlich wie Preiselbeeren, aber subtiler.

Wo kommt die Mehlbeere vor?

 

Verbreitung und Vorkommen in Österreich
Die Mehlbeere ist zwar in ganz Mitteleuropa heimisch, doch in Österreich zeigt sie eine auffallend regionale Charakteristik:

  • In den Kalkalpen – etwa in Oberösterreich, Salzburg und der nördlichen Steiermark – besiedelt sie Felsrücken, Karstkuppen und sonnige Schutzwälder.
  • Im Wienerwald und im Mostviertel tritt sie in kleineren Gruppen an Waldrändern und auf Trockenwiesen auf.
  • Besonders häufig bekommt man sie im Osten zu sehen: Im Burgenland, im Weinviertel und in der Südsteiermark bildet sie zusammen mit Hainbuche, Flaumeiche und Liguster typische Wärme- und Trockenwälder.
  • In Tirol und Vorarlberg kommt sie bis in Höhen von etwa 1.400 Metern vor, meist in Kombination mit Bergahorn und Esche.

Der Gesamtanteil im österreichischen Wald liegt nach Angaben der Österreichischen Waldinventur bei weniger als 0,1 Prozent – sie ist also eine ausgesprochene Rarität, aber ökologisch umso bedeutender.

Ein Baum für extreme Standorte

Die Mehlbeere liebt, wie bereits erwähnt, Sonne, Kalk und Trockenheit. Ihre Wurzeln dringen tief in den Fels, sie übersteht Wind, Frost und Dürre – und ist damit ein Paradebeispiel für Klimawandelresilienz. Während empfindlichere Arten wie Fichte oder Buche in trockenen Regionen zunehmend zurückgedrängt werden, kommt die Mehlbeere besser zurecht – sie hält Sommerhitze ebenso stand wie Winterkälte.

Als Pionierbaum ist sie ein natürlicher Erosionsschutz: Ihre Wurzeln verankern sich in Schutthalden und stabilisieren Böden, ihre Früchte ziehen Vögel an, die wiederum Samen verbreiten und so neue Lebensräume schaffen. Damit ist sie nicht nur ein „Überlebenskünstler“, sondern ein echter Waldbegründer – oft die erste Baumart, die karge Flächen wieder begrünt.

Ökologische Bedeutung für Wildtiere

Auch wissenswert: Kaum ein anderer kleiner Baum bietet auf so engem Raum so viel Lebensvielfalt wie die Mehlbeere:

  • Über 60 Vogelarten – darunter Amsel, Drossel, Rotkehlchen, Seidenschwanz und Eichelhäher – fressen die mehligen Früchte.
  • Rehe, Gämsen und Feldhasen äsen junge Triebe und Knospen.
  • Bienen, Schwebfliegen und Käfer nutzen die Blüten im Mai und Juni als Nektarquelle.
  • Kleinsäuger wie Siebenschläfer oder Eichhörnchen bedienen sich an den Früchten.

Gerade in strukturreichen Jagdrevieren – also dort, wo Waldränder, Hecken und Lichtungen aufeinandertreffen – ist die Mehlbeere ein Nahrungsspender ersten Ranges. Sie verlängert die Äsungsperiode bis in den Winter und liefert wichtige Vitamine und Zucker in der kargen Jahreszeit.

Forstliche Perspektive:
Mehlbeere als Baum der Zukunft

Österreichs Forstwissenschaftler beobachten die Mehlbeere zunehmend mit Interesse. Im Rahmen der Waldstrategie 2030+ gilt sie als sogenannte Klimabaum-Art: robust, trockenheitsresistent, anpassungsfähig und ökologisch wertvoll. Sie eignet sich hervorragend zur Durchmischung von Laubwäldern und zur Stabilisierung erosionsgefährdeter Gebiete.

Ihr Holz – feinporig, rötlich und hart – ist hochwertig und wird regional für Drechselarbeiten, Messergriffe oder Intarsien verwendet.
In Schutzwäldern und Hanglagen ist sie heute ein wichtiger Bestandteil von Aufforstungsprojekten, besonders in Niederösterreich, Kärnten und Tirol.

Kulturelle und symbolische Bedeutung

In der Volksüberlieferung galt die Mehlbeere als „Baum des Schutzes“ – sie wurde oft an Hofrändern oder Wegkreuzungen gepflanzt, um Blitz, Sturm oder Krankheiten fernzuhalten. Ihr Name leitet sich vom weißlich-grauen Schimmer ihrer Blätter ab, der im Sonnenlicht wie eine feine Mehlschicht wirkt.

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Bildquellen für diesen Beitrag: © Pixabay
Autor für diesen Beitrag: U. Macher / Jagdfakten.at

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