Wildtierkrankheit: Gamsblindheit

 

Gamsblindheit ist eine höchst ansteckende Erkrankung der Augen bei Gamswild und Steinwild. Aber auch Schafe und Ziegen sind sehr anfällig gegenüber dieser Krankheit und gelten als Reservoir und Träger des Krankheitserregers. Die Gamsblindheit wird auch infektiöse Keratokonjunktivitis (IKK) genannt und wird durch ein Bakterium (Mycoplasma conjunctivae) verursacht. Im schlimmsten Verlauf der Krankheit erblindet das befallene Tier dauerhaft.

Die Landesjagdverbände informieren regelmäßig über auftretende Wildtierkrankheiten, so auch der Tiroler Landesjagdverband im Fall der Gamsblindheit. Die für den Menschen ungefährliche Krankheit wird von Tier zu Tier über den direkten Kontakt, auf kurze Distanz auch über die Luft und durch Fliegen verbreitet. Der Erreger ist ohne Wirt in der Umwelt nur kurze Zeit überlebensfähig.

Selbst in geringen Wildbeständen kann die Verbreitung sehr rasch erfolgen und führt oft zu hohen Ausfällen. Die erkrankten Tiere finden nicht mehr genügend Nahrung – Äsung wie der Jäger spricht – und sterben meist an allgemeiner Schwäche oder stürzen die steilen Felswände hinab. Die Mortalitätsrate beträgt bis zu 40 Prozent.

 

Krankheitssymptome und Heilung der Gamsblindheit

Die Gamsblindheit äußert sich bei einer leichtgradigen Erkrankung durch starken Tränenausfluss sowie verklebte, geschwollene und leicht getrübte Augen. In diesem Stadium der Krankheit bleiben die befallenen Tiere im Rudel und folgen den gesunden Tieren zur Nahrungsaufnahme.

Bei einem mittelschweren Krankheitsverlauf sondern sich die befallenen Tiere zusätzlich zu den anderen Symptomen auch vom übrigen Rudel ab, wirken unsicher und verwirrt. In vielen Fällen wurde beobachtet, dass sich ältere Tiere von jüngeren Artgenossen im Familienverband „führen“ lassen. Auch ziehen sich viele Tiere in diesem Stadium der Krankheit Verletzungen durch die eingeschränkte Sicht zu.

Die aggressivste Form der Gamsblindheit führt binnen weniger Tagen zu einer Zerstörung der Hornhaut und der Struktur des gesamten Auges, was eine dauerhafte Erblindung zur Folge hat.

In der Regel klingt die Krankheit jedoch nach zwei bis drei Wochen ab und die Tiere erholen sich von der vorübergehenden Erblindung. In allen Fällen der Gamsblindheit finden die erkrankten Tiere nur eingeschränkt Nahrung, wodurch es zu einem hohen Gewichtsverlust kommt. Die beste Medizin für die erblindeten Tiere ist Ruhe und ausreichend, leicht zugängliche Nahrung.

 

Umweltfaktoren, Mensch & Wintersport

Besonders schwerwiegend ist der Ausbruch der Gamsblindheit in den Wintermonaten. In dieser Zeit haben Gämse und Steinböcke einen reduzierten Stoffwechsel und kompensieren damit die ohnehin witterungsbedingte eingeschränkte Nahrungsaufnahme. Dank der körpereigenen Abwehrkräfte haben die Tiere jedoch, je nach Verlauf der Krankheit, gute Überlebenschancen.

Die für die Krankheit anfälligen Tiere haben von Natur aus ein ausgeprägtes Fluchtverhalten und reagieren auf jede Störung mit einer schnellen Flucht im unwegsamen Gelände. Was den Tieren sonst gut gelingt, ist während der Krankheit oft lebensgefährlich.

Durch die eingeschränkte Sicht stürzen die Tiere im steilen Gelände ab und verenden an den Frakturen oder verletzen sich so schwer, dass sie keine Nahrung mehr aufnehmen können. Besonders Wintersportler und Wanderer sollten sich den erblindeten Tieren nicht nähern und sie dadurch aufschrecken. Ruhe und genügend Nahrung sind die besten Voraussetzungen für die Heilung. So bittet z.B. der Tiroler Jägerverband um absolute Rücksichtnahme und Vermeidung von Störungen.

 

Maßnahmen, Vorsorge, Behandlung und Schutz

Zu den Trägern der Gamsblindheit zählen auch, wie eingangs erwähnt, Nutz- und Haustiere wie Schafe und Ziegen. Eine wirksame Maßnahme ist, den Kontakt von Haus- und Nutztieren zu den Wildtieren möglichst zu vermeiden.

So erkrankte Schafe oder Ziegen beobachtet werden, muss die zuständige Veterinärbehörde bzw. die Alpverantwortlichen die notwendigen Behandlungsmaßnahmen ergreifen. Eine wirksame Impfung gegen die Gamsblindheit gibt es noch nicht.

Bei erkranktem Wild ist die jeweilige Jägerschaft zuständig und überwacht gemeinsam mit den Behörden die Krankheitsentwicklung. Bei verletztem oder dauerhaft erblindetem Wild ist ein Hegeabschuss als letzte Möglichkeit sinnvoll und vor allem aus Tierschutzgründen auch notwendig.

Foto: R. Gadient