
„Die Wertschätzung für heimisches Wildbret steigt!“
In der legendären Küche von „Koch des Jahrzehnts“ Rudi Obauer in Werfen hat Wildbret seit jeher einen festen Platz. Warum die Zusammenarbeit zwischen Jäger und Koch immer wichtiger wird – und Wildbret alle moralischen Anforderungen unserer Zeit übertrifft.
Zwischen
Hochsitz & Herd
Ein Gespräch mit Rudi Obauer
Mehr denn je sehnen sich Menschen beim Essen nach dem guten Gewissen. Warum das so ist, daran beißen sich Anthropologen genauso wie Soziologen, Lebensmittelhersteller oder Gastrosophen die Zähne aus — und finden unterschiedliche Antworten auf die Frage nach dem Ursprung und der Bedeutung dieser „Moralisierung des Essens“. Viele dieser Antworten sind abstrakt, andere banal. Eines jedoch haben sie alle gemeinsam: die Verteufelung von Fleisch. Schlecht fürs Klima. Schlecht für die Tiere. Schlecht für die Gesundheit von uns Menschen.
Wie sehr es sich jedoch lohnen würde, das Thema Fleisch differenzierter zu betrachten, davon zeugt ein Blick aus der Perspektive der Jagd. Schließlich ist das Jagen – auch historisch – untrennbar mit einer Art von Fleischkonsum verbunden, die regionaler, biologischer, saisonaler und vor allem nachhaltiger nicht sein könnte. Und die damit eigentlich seit Jahrtausenden alle zeitgemäßen Parameter besagter „Moralisierung des Essens“ erfüllt. Das verstehen, zumindest in Österreich, immer mehr Köche – und tragen dieses Wissen ganz bewusst nach außen.
Wild mit Zukunft
Einer davon ist Rudi Obauer. Und eines muss man gleich vorausschicken: Was Rudi Obauer sagt, hat Gewicht. Schließlich handelt es sich um eine Ikone der österreichischen Gastronomie, die die internationale Strahlkraft der österreichischen Küche federführend mitgestaltet hat. Seit 45 Jahren führt Rudi mit seinem Bruder Karl das Restaurant Obauer in Werfen nahe Salzburg, das in diesem knappen halben Jahrhundert unzählige Auszeichnungen erhalten hat – und in dem Wildbret bis heute eine große Rolle spielt.
„Die Zusammenarbeit mit Jägern haben wir immer schon hochgehalten“, sagt Obauer. „Und wir merken auch: Die Wertschätzung unserer Gäste – auch der internationalen! – für heimisches Wildbret ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen.“ Für Obauer hat das folgenden Grund: „Wer zu uns kommt, sind zum Großteil Gäste, die bewusst und wertschätzend essen wollen. Da ist Wildbret das, was als Fleischgang am meisten Sinn macht. Und zwar in unterschiedlichsten Formen.“ Bevor wir zu diesen unterschiedlichsten Formen der obauerschen Wildbretküche kommen, stellt sich zuerst die Frage: Wie sieht die Zusammenarbeit zwischen Jäger und Koch in Werfen genau aus?
Jenseits von Rücken & Schlögl
Als jahrzehntelang gewachsener Familienbetrieb verfügen die Obauers über ein dichtes Netzwerk an Jägern, die genau wissen, worauf es den Obauers ankommt. „Jäger aus dem Burgenland versorgen uns mit Niederwild wie Fasanen und Hasen, Jäger aus dem Pongau und Umgebung vorwiegend mit Hirsch, Reh oder Gams.“
Eine besonders enge Zusammenarbeit pflegt Rudi Obauer mit dem renommierten Berufsjäger Christoph Burgstaller aus dem Pinzgau. Mit ihm veröffentlichte Rudi Obauer 2019 den bis heute erhältlichen Prachtband „Der Jaga und der Koch“, der im Servus-Verlag erschienen ist:
„Dass ein sauberer Schuss das oberste Gebot ist, versteht sich auch für unsere Jäger von selbst“, so Obauer. „Nur so ist das Fleisch auch zart, weil dem Tier dadurch die Schockstarre vor dem Tod erspart bleibt, die wiederum jedes noch so gute Fleisch zäh machen würde.“ Wie zart, schmackhaft und kreativ Wild sein kann, beweist Rudi Obauer nicht nur mit bekannten Stücken wie dem Rücken oder dem Schlögl, sondern auch mit Gerichten wie etwa einer Rehzunge mit Bohnensuppe, einer sanft gebratenen Rehleber, einem Gams-Carpaccio mit Schwarzbeersenf und geschmorten Quitten oder einem Rehbeuscherl mit Schwammerln.
Häuser wie das Restaurant Obauer zeigen: Die Zusammenarbeit zwischen Jägern und Köchen ist ein Pakt mit Zukunft. Sie rückt den Wert von nachhaltigem, regionalem und gesundem Fleischkonsum verstärkt in den Mittelpunkt – und macht auch die wertvolle Arbeit der Jägerschaft sichtbar. Vor allem zeigt diese immer beliebter werdende Symbiose, dass ohne Jäger keine echte „Moralisierung des Essens“ stattfinden kann – zumindest keine, die unserem Gaumen und unserem Gewissen gleichermaßen schmeckt.
Steckbrief: Rudi Obauer
Name: Rudolf Obauer
Geburtsjahr: 1961
Heimat: Werfen, Salzburg
Beruf: Koch
Betrieb: Restaurant Obauer
Auszeichnungen:
- 2 Sterne Guide Michelin
- 19 Punkte und 5 Hauben (Gault&Millau)
- „Köche des Jahrzehnts“ Gault&Millau (zusammen mit Bruder Rudi)
- Zahlreiche nationale und internationale Awards
Spezialität:
Kreative Regionalität mit Welteinflüssen – vom legendären Forellenstrudel über den „betrunkenen Saibling“ mit Steinbutt bis zur Gänseleber-Variation
Lieblingswild: Reh
großer Wunsch: Einmal einen Steinbock verarbeiten
Küchenphilosophie: Ganzheitliche Verwertung, ehrliches Handwerk, Respekt vor dem Tier
Kraftplatz: Seine Alm im Pongau
UNSERE
LESE-EMPFEHLUNG
Bildquellen für diesen Beitrag: © Rudi Obauer & Christoph Burgstaller
Autor für diesen Beitrag: U. Macher / Jagdfakten.at
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