
7 essbare Sträucher – zwischen Kulturerbe und Wildäsung
Wer an einem spätsommerlichen Feldrand entlangspaziert oder im Herbst durch lichte Wälder streift, entdeckt sie fast überall: Sträucher voller Früchte, die in kräftigen Farben leuchten. Einmal tiefrot, dann wieder orange oder tiefblau bereift – kleine Naturapotheken, die seit Jahrhunderten in unserer Ernährung und Heilkunde eine Rolle spielen. Was früher für die Landbevölkerung ein wichtiger Vorrat für den Winter war, gilt heute als Delikatesse: Sanddornsaft gegen Erkältungen, Dirndlschnaps als regionale Spezialität, Hollerblütensirup im Sommer.
ESSBARE STRÄUCHER
Diese Pflanzen haben aber nicht nur für uns Menschen Bedeutung. Sie gehören auch zu den sogenannten Verbissgehölzen, also Sträuchern, deren junge Triebe und Früchte für Rehe, Hasen und viele Vogelarten wertvolle Nahrung sind.
Schon unsere Vorfahren wussten um die Kraft dieser Sträucher: Sie sammelten Hagebutten, um Vitaminmangel vorzubeugen, stellten aus Schlehen heilkräftige Liköre her oder verwendeten Holunder gegen Fieber. Heute erleben diese traditionellen Wildfrüchte eine Renaissance – als gesunde Zutaten, als Basis für handwerkliche Produkte und nicht zuletzt als ökologisch bedeutsame Elemente im Lebensraum vieler Wildtiere.
Sieben besonders charakteristische Vertreter, die kulinarische Tradition, Gesundheit und Wildökologie miteinander verbinden, stellen wir Ihnen hier vor:
1. Sanddorn (Hippophae rhamnoides)
Mit seinen leuchtend orangefarbenen Beeren ist der Sanddorn nicht zu übersehen. Reich an Vitamin C – und zwar bis zu zehnmal mehr als Zitrusfrüchte –, wurde er schon in der Antike als Heilpflanze geschätzt. Aus den sauren Beeren entstehen heute Säfte, Sirupe, Marmeladen oder fruchtige Akzente in der gehobenen Küche. Auch Öle aus den Samen gelten als hautpflegend. Für das Wild ist der dornige Strauch eine beliebte Äsung. Rehe knabbern an den Trieben, Vögel finden in den Früchten eine wertvolle Winterkostquelle.
2. Dirndl (Kornelkirsche, Cornus mas)
Die Dirndl, auch Kornelkirsche genannt, gehört zu den ältesten Wildobstarten Europas. Archäologische Funde belegen ihre Nutzung bereits in der Jungsteinzeit. Die roten Früchte, olivengroß und säuerlich, wurden früher eingelegt, getrocknet oder zu Heilzwecken genutzt. Sie enthalten viel Vitamin C und wertvolle sekundäre Pflanzenstoffe. Im Mostviertel und im Wienerwald ist die Dirndl bis heute fest verankert – in Form von Marmeladen, Chutneys und natürlich dem legendären Dirndlschnaps. Auch für Rehwild und Feldhasen ist der Strauch attraktiv, die Früchte wiederum werden gerne von Vögeln aufgenommen.
3. Schwarzer Holunder (Sambucus nigra)
„Holler schützt Haus und Hof“, hieß es früher. Der Holunderbusch galt als heiliger Strauch und war fester Bestandteil bäuerlicher Traditionen. Seine Blüten sind Grundlage für Sirupe, Säfte oder im Backteig ausgebackene „Hollerstrauben“. Die dunklen Beeren hingegen finden Verwendung in Marmeladen, Säften und Likören – roh allerdings sind sie leicht giftig und erst nach dem Kochen bekömmlich. Medizinisch wird der schwarze Holler wegen seiner entzündungshemmenden Wirkung geschätzt. Für das Wild bietet er eine Fülle: Blätter und Rinde werden verbissen, die Beeren sind im Spätsommer und Herbst ein Magnet für Vögel.
4. Schlehe (Prunus spinosa)
Die Schlehe mit ihren dornigen Ästen prägt Heckenlandschaften in ganz Europa. Ihre Früchte, die kleinen blauen Steinfrüchte, schmecken roh sehr herb. Doch nach dem ersten Frost entfalten sie ihre Aromatik: Dann werden sie zu Schlehenlikör, Mus oder Marmelade verarbeitet. Schon im Mittelalter galt die Schlehe als Heilmittel für Magen und Darm. Wildtiere nutzen die Schlehe vielfältig: Rehe finden Deckung in den Sträuchern, Triebe und Knospen werden verbissen, und die Früchte bieten Wintervögeln wertvolle Nahrung.
5. Hagebutte (Rosa canina)
Sie sind wahre Vitaminspender, die roten Früchte der Hundsrose. Reich an Vitamin C, Mineralstoffen und Antioxidantien, wurden sie früher gegen Erkältungen eingesetzt. Heute kennt man sie vor allem im Tee, als Mus oder Marmelade. Auch das Wild profitiert: Rehe verbeißen gerne junge Rosentriebe, und die Hagebutten selbst sind in frostigen Wintern eine begehrte Energiequelle.
6. Haselstrauch (Corylus avellana)
Die Haselnuss begleitet die Menschheit seit der Steinzeit – archäologische Funde beweisen ihre Nutzung als Energielieferant schon vor 9.000 Jahren. Mit ihrem hohen Anteil an Eiweiß, ungesättigten Fettsäuren und Mineralstoffen gilt sie bis heute als eine der wertvollsten Nüsse. Für das Wild ist der Strauch gleich doppelt interessant: Junge Triebe werden verbissen, und die Nüsse sind für Eichhörnchen, Mäuse und Vögel ein willkommener Vorrat.
7. Gemeiner Schneeball (Viburnum opulus)
Mit seinen weißen Doldenblüten im Frühjahr und den leuchtend roten Beeren im Herbst ist der Gemeine Schneeball ein echter Blickfang. In alten Bauerngärten war er ebenso beliebt wie in Hecken. Die Früchte sind roh ungenießbar bis leicht giftig, die enthaltene Buttersäure wurde früher als Brechmittel verwendet. Gekocht lassen sie sich aber zu Sirup, Mus oder Saft verarbeiten – in Osteuropa etwa als „Kalinka“ eine traditionelle Spezialität. Gesundheitlich liefern sie Vitamin C und Gerbstoffe, die entzündungshemmend wirken. Für Rehwild ist der Strauch ein geschätztes Verbissgehölz, während Vögel im Winter von den Beeren, die lange am Strauch anhaften, profitieren.
Alles in allem sind essbare Sträucher mehr als nur ein Stück Natur am Wegrand. Sie verbinden Kulturgeschichte, Gesundheit und kulinarischen Genuss mit ökologischer Bedeutung für Wildtiere. Sie liefern uns Menschen Früchte voller Aroma und Vitalstoffe – und zugleich sichern sie Reh, Hase und zahlreichen Vogelarten Nahrung und Lebensraum. Wer Sanddorn, Dirndl, Holunder, Schlehe, Hagebutte, Hasel oder den Wilden Schneeball im eigenen Garten oder Revier fördert, tut also nicht nur sich selbst etwas Gutes, sondern unterstützt auch nachhaltig die Biodiversität.
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Bildquellen für diesen Beitrag: © Unsplash | © Pixabay
Autor für diesen Beitrag: U. Macher / Jagdfakten.at
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