
Forschung am Wildtier – FIWI Wien
FIWI steht für Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie, ein Institut der Veterinärmedizinischen Universität, deren Forschungen mitunter von Jagd Österreich finanziert werden. Aber wie funktioniert die Forschung am wildlebenden Tier? Und warum ist das wichtig?
WILDTIER FORSCHUNG
am FIWI Wien
Seit 37 Jahren ist Peter Steiger Tierpfleger am FIWI. Er hat Rehwild und Siebenschläfer mit der Hand aufgezogen, sich mit Gamsräude angesteckt und wenn er ins Rotwildgehege geht, laufen ihn ein knappes Dutzend Kälber entgegen. Das alles quasi Mitten in Wien. Denn: Hier forscht das FIWI.
Die Forschungsgebiete des FIWI:
Evolutionäre Ökologie: Auswirkungen und Anpassungen von Wildtieren an durch den Klimawandel veränderte Lebensräume
Bewegungsökologie und Telemetrie: Bewegungs- und Verhaltensmuster der Wildtiere
Physiologie: Energiehaushalt der Tiere, wie Tiere ihre Körpertemperatur unter verschiedenen Umweltbedingungen regulieren können (Link: Wildschwein und Klimawandel)
Pathologie: Untersuchung von toten Tieren, um Wildtierkrankheiten im Blick zu haben
Chemie: Erforschung der Tiere bis auf die Ebene von Zellen und Molekülen, wie zum Beispiel Auswirkungen der Futteraufnahme oder der Veränderung der Tageslänge auf saisonale Stoffwechselraten und Zellaktivitäten (Link: Rotwild im Winter)
Genetik: Verwandtschaft der Tiere, Populationsentwicklung, Monitoring der großen Beutegreifer in Österreich.
Veterinärmedizin: Tiergesundheit und Unterstützung bei Forschungsprojekten (z.B. Narkosen)
Was passiert am Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie?
Univ.-Prof. Dr. Claudia Bieber, Leiterin des Instituts, findet eine klare Zielformulierung: „Ich möchte garantieren, dass wir am FIWI exzellente Forschung betreiben, die dem Erkenntnisgewinn und damit dem Wohle unserer Wildtiere und ihres Lebensraums dient“ sagt sie in ihrem Büro am Wilhelminenberg. Das wird durch einen höchsten Anspruch an Forschungsprojekte und die vielen räumlich vereinten Fachgebiete am Institut garantiert.
Nicht alle Forschungen werden dabei in den institutseigenen Wildtiergehegen absolviert. Viele Projekte werden im Feld und dem natürlichen Lebensraum der Tiere durchgeführt. Dafür verfügt das FIWI auch über eine veterinärmedizinische Abteilung: „Wildtiere müssen nach der Narkotisierung, z.B. um GPS-Sender anzubringen, sofort wieder fit sein und frei überleben können. Sonst wäre unser Eingriff zu massiv und die Ergebnisse nicht interpretierbar. Deshalb brauchen wir Tierärztinnen und -ärzte mit besonderer Ausbildung und Erfahrung,“ erklärt Dr. Bieber. Überhaupt sei es die große Stärke des Institutes, interdisziplinär arbeiten zu können. Das heißt: Alle das Wildtier betreffenden Fachgebiete sind am FIWI angesiedelt und können sich so unkompliziert austauschen.

Tierpfleger Peter Steiger & Dr. Claudia Bieber mit Rotwild, FIWI
Einblicke in die Wildgehege
Im Rotwildgehege des FIWI leben insgesamt 20 Stück Rotwildtiere, die heuer geworfenen Kälber wurden von Peter Steiger wieder mit der Hand aufgezogen. „Auch wenn die Muttertiere handzahm sind, entwickeln die Jungtiere Menschenscheu, wenn sie bei dem Muttertier aufwachsen,“ erklärt Steiger. Die Kälber dürfen zwar nach wenigen Monaten zurück zu den Alttieren, bleiben jedoch noch lieber unter sich – und am liebsten in der Nähe von Peter Steiger.
Ihm nach laufen die Kälber durch eines der Tore. Nur eines will nicht. „Artemis muss sich hier in der Nacht vor etwas erschreckt haben,“ sagt Steiger. Ja, alle Tiere haben hier Namen. Auch die 40 von Hand aufgezogenen Siebenschläfer und Gartenschläfer. Darum kümmert sich Steiger gemeinsam mit einer weiteren Tierpflegerin. Ansonsten befinden sich im Moment keine Wildtierarten am FIWI, der geplante Neubau und die komplette Sanierung beeinflussen alle Experimente.
„Wir befinden uns bezüglich der Forschung vor Ort gerade in einer Zwischenphase, bevor wir mit dem neu adaptierten Institut neu durchstarten können“ erklärt Dr. Bieber. Rund um das Rotwild ist eine Forschungsarbeit zur Bewegungsökologie geplant. Die Sender sollen hier vorab an den Tieren im Gehege angebracht und die besenderten Tiere observiert werden, um zusätzliche Informationen zu den Senderdaten zu erhalten. So hoffen die Forscher und Forscherinnen noch mehr Details von den besenderten Wildtieren zu erhalten. Weiters gibt die künstliche Intelligenz der Wildtierforschung derzeit einen extremen Impuls. Zukünftig können Daten durch Drohnen oder Wildkameras immer intensiver gesammelt und besser und effizienter ausgewertet werden.
Rund um das Rotwildgehege befinden sich 45 ha eingefriedetes Gatter, die das FIWI betreut, gepachtet von der Stadt Wien. Nicht überall darf das Rotwild äsen, da der Wald geschützt werden muss. Am Rand des Geheges stehend kann man deutlich erkennen, welche Teile des Areals für das Rotwild nicht zugänglich sind. Dort hat sich eine dichte Krautschicht breit gemacht, natürliche Waldverjüngung ist deutlich sichtbar. Totholz wird, so Dr. Bieber und Peter Steiger, hier liegengelassen und es hat sich ein kleines Ökoparadies in dieser Ecke Wiens entwickelt: Salamander und seltene Pilzarten finden hier einen Lebensraum.
Von der Forschungsfrage bis zur Antwort
„Die Forschung ist in unseren Gesetzen frei,“ beginnt Dr. Claudia Bieber die Erklärung des Ablaufes der Forschungsprojekte. Das heißt: Niemand, auch nicht die Institutsleiterin, kann den Forschenden am FIWI vorschreiben, worüber sie forschen sollen. Doch soll, wie Dr. Bieber sagt, eine „Exzellenz“ der Forschung gewährleistet sein und diese auch finanziert werden. „Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir eine Fördergesellschaft haben, finanziert auch vom Dachverband Jagd Österreich und dem Land NÖ.“
Im Moment wird der Auswahlprozess der Förderprojekte umgestellt. In einer Ausschreibung können sich die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen des FIWI mit ihren Forschungsvorhaben bewerben. Die Projekte werden dann von einem internationalen Experten-Gremium begutachtet und bewertet. Das Präsidium der Fördergesellschaft kann dann aus den besten Projekten wählen, welche sie finanzieren möchten. Dadurch wird die internationale Konkurrenzfähigkeit der Forschung und des Institutes gewährleistet. „Am FIWI forschen sehr gute Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen“ sagt Dr. Bieber stolz.
Um die Ansprüche eines Forschungsinstituts an einer Universität zu erfüllen, müssen Ergebnisse in wissenschaftlichen Fachzeitschriften veröffentlicht werden. Es ist Dr .Bieber aber ein wichtiges Anliegen, die Forschung auch in die breite Öffentlichkeit zu tragen. „Ein direkter und intensiver Austausch mit Jägern und Jägerinnen ist daher ein erklärtes Ziel des FIWI,“ so die Institutsleiterin
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Bildquellen für diesen Beitrag: © J. Egger
Autor für diesen Beitrag: J. Egger / Jagdfakten.at
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