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Bis(s) ins Labor: So funktioniert die Begutachtung von Wildrissen:

Die eindeutige Identifikation von Wildrissen ist nur möglich, wenn Hinweise richtig eingeordnet und die genommenen Proben anschließend genetisch analysiert werden. Deshalb setzt man dabei auf Rissbegutachter, die sorgfältig vom FIWI ausgebildet werden. Geschult wird, wie man Risse erkennt, dokumentiert und dem Täter zuordnet. 

WILDRISSE ERKENNEN

Rund 270 Rissverdachtsfälle von Wildtieren wurden in Österreich im Jahr 2023 verzeichnet. Eine Ziffer, die vermutlich nicht die ganze Wahrheit widerspiegelt, da hierzulande nur Nutzierrisse gemeldet werden müssen. Zusätzlich wird Wild oft erst dann gefunden, wenn aufgrund diverser Nachnutzer nicht mehr viel von ihm übrig ist, was eine Diagnose erschwert. Während bei den Nutztieren das Schaf an erster der Stelle der Rissstatistik steht, ist es bei Wildtieren das Reh – immerhin ein wichtiger Bestandteil der Wolfsernährung.

Bei gemeldeten Verdachtsfällen bezüglich aller Wildtiere wurde der Wolf bei rund 23 % als Täter per DNA nachgewiesen. Der Fuchs als ein sehr häufiger Nachnutzer von Wildkadavern, aber auch als sehr unterschätzter Prädator hinterlässt oft seine DNA (in knapp über 50 % der gemeldeten Fälle) und macht die Rissbegutachtung nicht einfach.

„Der Wolf“, weiß Univ.-Prof. Dr. Claudia Bieber, Leiterin des Forschungsinstituts für Wildtierkunde und Ökologie an der Veterinärmedizinischen Universität Wien, kurz FIWI, „ist erst am Anfang der Wiederbesiedlung. Im Vergleich zu anderen Ländern ist der Bestand noch sehr gering, aber für die Bevölkerung ist das eine sehr angespannte Situation, weil er lange nicht da war.“

Tierkadaver
begutachten

Jedes Bundesland hat Rissbegutachter
Aldin Selimovic, PhD, fungiert als wissenschaftlicher Berater des Österreichzentrums Bär Wolf Luchs (ÖZ), ist am FIWI tätig und ausgewiesener Experte in Sachen großer Beutegreifer. Selimovic schult österreichweit Rissbegutachter ein, „weil die Risse im Laufe der Jahre so zugenommen haben, dass es nicht mehr möglich ist, überall gleichzeitig zu sein.“

Während bei Nutztieren eine Begutachtung durch Amtsveterinäre erfolgt, sind es beim Wild meist die Jäger, die – optimal und eingehend geschult – ihre Proben an das FIWI weiterleiten. Selimovic: „Dabei ist es wichtig, dass alle den gleichen Wissenstand haben und die gleiche Methode verwenden. All das, was wir im Labor genetisch herausfinden, hängt von der Arbeit des Begutachters ab. Da muss die Arbeit stimmen, das Niveau muss hoch sein.“

Was tun, wenn man ein gerissenes Wildtier findet?

 

Neben einem intensiven Monitoring (Bieber: „Jede Tierart, die in ein neues, optimales Areal kommt, wächst am Anfang exponentiell.“) ist auch die richtige Herangehensweise nach dem Auffinden wesentlich für die Arbeit im Labor. Hier gilt es, so Selimovic, folgende Punkte zu berücksichtigen:

Falls ein Spaziergänger ein totes Tier findet, sollte er umgehend die Polizei informieren – diese setzt sich mit dem Jagdleiter des Reviers in Verbindung und somit die Informationskette in Gang.

In weiterer Folge gilt es festzustellen:
Handelt es sich tatsächlich um einen Riss oder ist das Tier natürlich verendet oder Opfer eines Verkehrsunfalls?

Im Fall von einem Riss – Ruhe bewahren und erst die Umgebung sichten, bevor man sich dem Kadaver nähert.
Gibt es Spuren? Welche Tiere waren hier in der Nähe? „Schnee und ein weicher Boden erleichtert hier die Spurensuche.“

Bei der Begutachtung sollten erst Fotos vom Kadaver gemacht werden – je mehr, desto besser. Selimovic:

  • „Wenn ich sehe, dass das Tier am Träger oder am Hals Verletzungen aufweist, kann ich mit dem Tupfer schon die erste Probe entnehmen – man muss dazu aber nicht in die Bisslöcher reinfahren, weil auf den Zähnen weniger Speichel ist als auf den Lefzen. Gerade der Wolf hinterlässt sehr viel Speichel rund um die Bissstelle.“
  • Im nächsten Schritt wird die Decke im Trägerbereich abgeschärft, danach weiß man fix, ob es ein Riss war und wer der Täter. Denn: „Wie beim Nadelstich im Rahmen einer Blutabnahme bleiben auch hier Hämatome zurück. Aber nur beim lebenden Beutetier. War das Tier schon verendet, bilden sich keine Hämatome mehr. So kann festgestellt werden, wer tatsächlich gerissen hat und wer nur Nachnutzer war.“ Wenn alle Verletzungen am Kadaver keine Hämatome aufweisen, wird von einer Probenanalyse abgeraten.
  • Empfohlen wird auch, die ganze Haut abzuziehen, da dies für das Monitoring wichtig ist. Selimovic: „Der eine Wolf reißt beispielsweise am Hals, der andere von hinten – dann wissen wir schon, dass es zwei verschiedene waren.“ Gut ist es dann, von beiden Wölfen den genetischen Nachweis zu erhalten.

Wer war der Täter?

Prinzipiell hinterlässt jeder Täter spezifische Merkmale, teilweise sind diese jedoch ebenfalls überlappend, weshalb Rissbegutachter auch eingehend in puncto Fährten etc. geschult werden. Selimovic: „Die Begutachter bekommen ein foliertes Merkblatt, auf dem u. a. Informationen wie Abstand der Spuren, maßgetreue Abmessungen der Eckzähne oder der Abstand der Bisslöcher vermerkt sind.“

Eine endgültige Bestätigung liefert jedoch nur die DNA-Analyse im Labor.

  • keine gezielten Bisse im Drosselbereich
  • Tötung durch ungezielte Bisse und Schläge
  • Bauchraum geöffnet; als erstes werden Brustfleisch, Innereinen und Darm inkl. Pansen genutzt
  • Panseninhalt liegt neben dem Kadaver
  • Kadaver wird beim Fressen aus der Decke geschält
  • (auch große) Kadaver können über weite Strecken in eine Deckung gezogen und/oder verblendet werden
  • In der Nähe eines Kadavers findet man oft andere Bärenhinweise (Losung, Lagerplatz, Haare, Krallenspuren, etc.).
  • viele Kehlbisse, zahlreiche feine Perforationen
  • Körperteile (Kopf oder Gliedmaßen) oft verschleppt
  • frisst kleinteilig voran
  • Pansen, Darm und Decke wird genutzt
  • manchmal rasche Nutzung (mehrere Füchse)
  • Bissverletzungen im Bereich Bauch, Läufe
  • selten angefressen (aber Bauchraum oft geöffnet)
  • oberflächliche Kratzspuren
  • Kehlbisse
  • Bisse oft ohne Perforationen
  • Gewebe oft stark zerrissen, große Löcher (Schütteln)
  • Häufig Bissverletzungen im Bereich Bauch, Läufe, Gelenke (oft ohne Perforationen)
  • Riss oft in Waldnähe
  • oft zugedeckt (mit Laub, Gras, Schnee)
  • nur ein Kadaver
  • Nutzung von hinten nach vorne
  • Pansen nicht genutzt (evtl. zugedeckt)
  • keine Körperteile verschleppt
  • Haut umgestülpt
  • wenig, aber deutliche Hautperforation
  • selten feine, aber tiefe (perforierende) Krallenspuren
  • gezielte Bisse im Drosselbereich, nur bei größeren Beutetieren auch anderswo
  • von außen Bisse oft unauffällig, darunter massive Blutergüsse
  • Bauchraum geöffnet, Pansen und Darm werden nicht gefressen (liegen oft etwas abseits)
  • Kadaver kann Richtung Deckung gezogen werden, wird aber nicht verblendet.
  • Decke wird großteils genutzt.
  • Körperteile werden nur selten verschleppt

UNSERE
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Bildquellen für diesen Beitrag: © Vetmeduni
Autor für diesen Beitrag: U. Macher / Jagdfakten.at

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